Sommertag in Magdeburg – alles Otto?!

Ein Sonnabend im Juni. Ich bin in der Altstadt verabredet und breche bei strahlendem Sonnenschein auf.

Es ist früher Nachmittag, Sonnenlicht, Schatten und Bäume rahmen eine eher unspektakuläre Straße so ein, dass es doch interessant aussieht.

Der Dom

Für richtiges Sightseeing hatte ich leider immer noch keine Zeit, dabei steht eine Stadtrundfahrt/-gang ganz oben auf meiner Wunschliste.

Wenn ich derzeit Termine hab, gehe ich extra immer etwas früher los, um mich auch umsehen und orientieren zu können. So auch gestern, ich wollte mir den Dom wenigstens von außen näher ansehen.

Ottostadt

Auf dem Rückweg komme ich wieder am Dom und dem Dommuseum Ottonianum vorbei. Otto-was? Nach acht Jahren Chinesisch nicht so leicht auszusprechen… Seit 2010 firmiert Magdeburg als Otto-Stadt, um bekannter zu werden. Otto von Guericke und Kaiser Otto der Große (912-973) sind die Namensgeber-Ottos für die Kampagne. Auf der Webseite der Stadt heißt es dazu:

„Die Ottostadt Kampagne greift diese gewachsene Tradition auf, geht aber noch einen Schritt weiter: Sie interpretiert «Otto» als Ausdruck einer geschichtsbewussten und zugleich zukunftsgewandten, kreativen Haltung. Mit diesem neuen Selbstverständnis wollen wir neugierig machen: auf die facettenreiche Stadtgeschichte, auf die heutige Lebensqualität, auf die Wirtschaftskraft und Wissenschaftslandschaft der Ottostadt Magdeburg.“

Und das klingt doch ziemlich sympathisch. Jedenfalls steht vor dem Ottonianum (Ottonanium? Ottonium? Ottonanium? Ich lerne es schon noch!) ein Kaiser Otto, der hier gerade sein Kostüm richtet.

 

Ein bisschen Regen

Ich treffe mich mit dem Junior, um noch einzukaufen. Die Einkaufslandschaft müssen wir noch besser erkunden, so richtig happy sind wir noch nicht. Wir kennen uns bisher nicht gut genug aus, aber das wird schon.

Wir haben den Supermarkt kaum verlassen, da fallen erste, dicke Tropfen, und es gießt direkt los. Wir sind sofort komplett durchnässt, unterstellen müssen wir uns dann auch nicht mehr. Also patschen wir durch den warmen Regen nach Hause – und kaum stehen wir vor unserer Haustür, ist es auch schon wieder trocken. Toll getimed, grins.

Auch wenn ich herrliches Sommersonnenwetter und hohe Temperaturen liebe – für die Natur, Wasserpegel und Landwirtschaft wäre ein bisschen mehr Regen nötig. Dafür hat der Guss nicht ausgereicht.

Ankommen

Ankommen ist etwas Gutes, oder? Ein Ziel zu erreichen, ob es sich nun um einen Ort oder ein Vorhaben handelt. Anzukommen, das ist definitiv besser als Abschied zu nehmen.

Aber Ankommen ist auch schwierig, kann die letzte Energie aussaugen. Besonders, wenn unerwartet Steine in den Weg gelegt werden.

Ankommen ist schwierig, wenn man an eine gute Willkommenskultur gewöhnt ist, weil man woher kommt, wo stetiges Kommen und Gehen Alltag ist und alle gerade eben noch Neuankömmlinge waren, sich gut daran erinnern und entsprechend zugewandt auf die noch Neueren zugehen.

Willkommenskultur?

Ich habe eine Veranstaltung besucht, in der auch von Willkommenskultur die Rede war. Zwar in einem anderen Zusammenhang, aber gleichzeitig wurde überdeutlich, dass es nach wie vor keine Willkommenskultur in der Organisation gibt, der ich schon seit Jahrzehnten angehöre. Sich um Gäste, Neue, Fremde zu kümmern – das war vor 30 Jahren unüblich und scheint es heute immer noch zu sein. Schade. Ich habe einen langen Atem, ich weiß, dass ich viel Energie und Geduld in mein Ankommen hier stecken muss. Aber andere kommen einmal, bleiben für sich, gehen und kommen nicht mehr wieder.

Zum Glück auch Schönes

Es gibt aber auch die guten Erlebnisse. Ein Paket, dass ich an der Packstation abhole, ist dreimal so groß wie erwartet, und ich muss ziemlich kämpfen, um es nach Hause zu schleppen. Als ich gerade wieder absetze, um eine kurze Pause zu machen, überquert eine Frau die Straße und sagt: „Ich helfe.“ Und dann hilft sie mir, mein übergroßes Paket nach Hause zu tragen, und ich muss beinah weinen, weil ich so dankbar für dieses Gesehen werden bin. Danke, liebe Unbekannte, das hat mir mir mehr als nur den Tag gerettet.

In der Nachbarschaft lebt eine ältere Dame, die sich bei der ersten Begegnung vor mir aufgebaut hat, mich von Kopf bis Fuß gemustert hat und dann lächelte: „Sie sind eine Nette, das sieht man. Schönen Tag noch.“ Und dann machte sie den Weg frei und ging weiter. Ich bin ihr inzwischen ein paar Mal begegnet, jedes Mal ein kurzer freundlicher Gruß. Das mag furchtbar banal sein, und doch bedeutet es mir hier, wo ich mir gerade erst ein soziales Umfeld aufbauen muss, wirklich viel.

Unfreiwillig komisch

Ankommen, neu zu sein, das heißt auch, offen zu sein, einen unverstellten Blick zu haben. Zum Beispiel bei der Zoo-Werbung oben im Beitragsbild: Prima, wir machen einen Familienausflug zum Friedhof? Kontext, liebe Werbebranche, Kontext! Zwei, drei Tage, nach dem ich das Bild bei mastodon gepostet hatte, wurde das Plakat ausgetauscht. Nun werden angehende Erzieher:innen gesucht. Am Friedhof. 😉

Aber auch, wenn es (noch?) anstrengend ist: Ankommen, das ist gar nicht so übel, auch wenn es manchmal nicht so einfach ist. Neues Kennenzulernen, neue Bekanntschaften zu machen, etwas zu entdecken – ich mag das.