Zickezacke Zügekacke

Am Wochenende war ich mal wieder in Hamburg, mit der Bahn natürlich. Hingefahren bin ich mit der Bimmelbahn: Magdeburg-Uelzen, Uelzen-Hamburg. Unterscheidet sich – wenn alles planmäßig läuft – nur um wenige Minuten von der ICE/IC-Verbindung über Hannover. Und mit meinem Deutschlandticket theoretisch die schlauste Lösung.

Theoretisch.

Der Zug war immerhin mit nur wenigen Minuten Verspätung in Uelzen, ohne Trödelei ist die Bimmelbahn nach Hamburg zu schaffen. Aber wenn das Hunderte Leute gleichzeitig wollen und der Bahnsteig eigentlich auch schon übervoll ist, die engen Treppen mit Rädern, Monsterkoffern und Kinderwagen ausgebremst werden, dann wird’s knapp. Davon, dass Uelzen der Hundertwasserbahnhof ist, war nicht viel zu sehen: zu viele Menschen. So übel wie diesmal war es noch nie. Naja, selbst schuld: Freitagnachmittag, und dann noch kurz nach dem Streik.

Nichts für Agoraphobiker:innen

Ich hasse es nicht nur, im Gedränge festzustecken, ich hab richtig Schiss, und wenn so eine Situation zu lange dauert, dann dreht sich meine Hauptsicherung raus. Muss ich nie wieder haben, also vermeide ich solche Situationen. Habe ich in China auch, in Peking habe ich ja eh fast alle Wege mit dem Scooter zurückgelegt, und wenn ich mit der Metro gefahren bin, habe ich den Berufsverkehr und bestimmte Stationen wie (Jintai Xizhao) vermieden.

Hauptsicherung blieb in Uelzen zum Glück drinnen, und irgendwie habe ich mich zum richtigen Bahnsteig schieben können. Ohne dass ich oder andere gestolpert wären, was bei dem huckeligen Hundertwasserboden leider ziemlich oft passieren kann, man sieht ja nichts vor lauter Leuten. Ich hab sogar so unverschämtes Glück gehabt, mich unmittelbar vor einer Tür des einfahrenden Zuges wiederzufinden, so dass ich einen Sitzplatz ergattern konnte. Bis auf eine scharfe Bremsung und anschließendem minutenlangen Stillstand keine weiteren Vorkommnisse und mit nur wenigen Minuten Verspätung in Hamburg eingetrudelt.

Ohne Menschen ist der Hundertwasserbahnhof Uelzen wirklich hübsch. Aber als Bahnhof nur noch bedingt geeignet und gefühlt nicht richtig sicher, wenn viele Leute unterwegs sind. Also fast jedes Wochenende.

Hamburg war schön. Gute Gespräche und K4 geknuddelt, wunderbar.

Hurra, ich hab jetzt eine Bahncard

Auf dem Rückweg wollte ich mir das Bimmelbahngedrängel nicht noch mal antun, mal abgesehen davon, dass auf einer Teilstrecke gebaut wurde und der Weg von Hamburg nach Magdeburg über Berlin oder Schwerin gehen sollte – nein, Danke. Das hätte ich vorher wissen können, aber ich hab dusseligerweise nicht geguckt, ich kenn doch die Verbindung…

Also habe ich in eine Bahncard und ICE- und IC-Ticket investiert. Die Bahncard wird sich lohnen, ich tuckere oft genug kreuz und quer durch die Republik. Aber an diesem Tag hat sie sich nicht gelohnt, in Hamburg ging es erst von Gleis 14 zum Gleis 11 und wieder zurück zum Gleis 13. Ich reise mit kleinem Gepäck, aber mit Kind und Kegel hätte das an den Nerven gezerrt. Dann kam die Durchsage: „Wer nach Köln möchte, sitzt im falschen Zug und hat jetzt noch mal ein paar Minuten die Chance auszusteigen.“

Dann war auch noch eine Tür kaputt, und die zwanzig Minuten Verspätung wurde auf der „Hochgeschwindigkeitsstrecke“ (lol, 138 km/h?) nicht wieder eingeholt, der Anschluss-IC in Hangover war weg. Knapp, so dass ich gut 50 Minuten warten durfte. Möglicherweise wäre die Bimmelbahn-Bus-Verbindung da doch noch schneller (und günstiger) gewesen.

Hochgeschwindigkeitszüge und Vergleiche

Bahnhof Shanghai-Hongqiao. Warm, trocken und keiner steht, der nicht stehen will, außer vielleicht in der Golden Week, wobei das Bild unmittelbar vor der Golden Week entstanden ist.

Tja, Hochgeschwindigkeitszüge. Es ist schwer in den Kopf zu kriegen, dass man mit dem Zug schneller von Peking in Shanghai ist als von Hamburg in Magdeburg. Mal abgesehen von Komfort und Pünktlichkeit. Als ich das irgendwo gepostet habe, kam das übliche „ja aber China“. Sorry, mit Erfahrungen aus Japan, Korea, Finnland oder Norwegen kann ich (noch?) nicht dienen. Dass es sich eh nicht so gut vergleichen lässt, das ist klar: Deutschland, Hamburg, Magdeburg sind soviel kleiner als China, Peking, Shanghai und es wohnen so viel weniger Menschen hier.

Aber ich hab halt gesehen: wenn man will, dann ist gute Bahninfrastruktur möglich. Aber in Deutschland wollte man halt viele Jahre lang nicht wirklich, und selbst jetzt habe ich da so meine Zweifel, dass es vorangeht. Nein, keine Zweifel, der Wille fehlt weiterhin. Not in my backyard hat ja gerade erst wieder zugeschlagen (Neubau zwischen Hamburg und Hangover. Kein Neubau.).

Übrigens: ich fahre gerne Bahn, trotz allem. Stresst mich viel weniger als Autofahren, und ich kann die Reisezeit (Sitzplatz vorausgesetzt) sinnvoll nutzen. Mal abgesehen davon, dass es auch besser für die Umwelt ist.

Novembergrau

Novembergrau

Der November ist nur mein zwölftliebster Monat. Der kann eigentlich weg. Die bunten Herbstfarben werden durch Grau abgelöst, Blätter hängen nicht mehr schön und bunt an den Bäumen, sondern landen als Unfallgefahr auf dem Boden (mir ist schon zweimal das Rad weggerutscht). Dazu unfreundliches Wetter, es wird kalt und feucht. Okay, immerhin kein Heizungsäquator in Deutschland, kein Warten bis zum 15. November, bis die Heizung angeht. Mir geht’s an sonnigen (und erst Recht an sonnig-warmen) Tagen viel besser, der November macht alles anstrengender. Für mich ist November trist und düster, der Monat von Verfall und Trauer.

Ein schwarz-weiß Foto, dass eine weitgehend leere Straße im Dunst zeigt, eine Straßenkehrerin fegt Laub zusammen, ein Baoan (Wächter) sieht ihr zu.

November im Pekinger Art District 798

Seit Jahren habe ich gute Strategien, um mich vom November nicht zu sehr runterziehen zu lassen. Gegen das Wetter bin ich machtlos, aber gegen das Grau im Kopf kann ich was tun. Unter anderem gehört dazu, dass ich mich gerade nicht zuhause einigele, sondern aktiv und viel unterwegs bin. Nassregnen lassen mag ich mich nicht, aber wenn’s trocken ist, wenigstens mal eine Stunde rausgehen – das hat zwar nicht den gleichen Effekt wie warme Sonne auf der Haut, aber besser als nichts ist manchmal auch schon genug.

Und jeder November geht vorüber. Dezember ist zwar auch noch kalt und dunkel, aber ich mag die Weihnachtszeit, Januar steht für Neuanfang, Februar ist doof, aber immerhin kurz und ab März geht’s dann wirklich aufwärts.

NaNoWriMo

Und dann ist der November ja auch noch der National Novel Writing Month (NaNoWriMo): Im November im Schnitt jeden Tag 1667 Wörter schreiben, so hat man Ende November einen Romanentwurf mit 50.000 Wörtern fertig. Ich sage bewusst „Entwurf“, dann nicht alles, was ich im November schreibe, landet dann auch wirklich im Buch. Aber durch den „Druck“ (nicht im negativen Sinn), das Tagespensum zu schaffen (oder aufzuholen), ist keine Zeit für Zweifel: „Bin ich gut genug? Wer will das überhaupt lesen? Langweilig! …). Ebenso fehlt die Zeit für Umformulierungen, das Feilen an den Sätzen – das kommt erst nach dem November. Im November musst du direkt eintauchen und drauflos schreiben.

Mit Plot oder ohne?

Ob man vorher einen ausgefeilten Plot hat oder nur eine vage Idee – das ist Geschmacks- und Typsache. Ich habe beides probiert, mit dem ausgefeilten Plot vorher ist das Pensum für mich tatsächlich gut zu schaffen – aber mehr Spaß macht mir das Drauflosschreiben (um dann später mit dem Material weiterzuarbeiten). Wie gesagt, nicht alles davon ist direkt brauchbar, aber gleichzeitig entstehen ohne die Schere im Kopf oft besonderes kreative, intensive Passagen.

In Peking habe ich 2017 das erste Mal am „NaNo“ teilgenommen. Das 50.000 Ziel habe ich zwar nur zweimal erreicht, aber dennoch jedes Jahr wieder viel Spaß und Freude daran und ausbaufähige Entwürfe gehabt. Freude macht mir der NaNoWriMo nicht zuletzt auch, weil es in Peking eine aktive, internationale NaNo-Gruppe (und weitere Schreibtreffs/Initiativen) gibt. Ich fand es schön und inspirierend, nicht allein am Schreibtisch zu hocken, sondern zusammen mit anderen im Café zu sitzen und zu schreiben. Ob mit „Wordsprint“ oder ohne, mit gegenseitigem Vorlesen und Feedback, Gespräche über Gott und die Welt, um dann wieder eine Weile konzentriert schreiben – wunderbar.

Kein Write-in?

In Magdeburg gibt es derzeit kein solches Treffen, vielleicht kommt eines in Halle zustanden, mal sehen. Aber jedes Novemberwochenende im Jiggly Wiggly, im Zarah (oder im Bookworm, den es ja nun leider schon ein paar Jahre nicht mehr gibt) gemeinsam mit anderen zu schreiben, das war schön und motivierend, hat beim Dranbleiben geholfen. Und insgesamt ging der olle November dadurch viel schneller rum.

Da ich nun nicht mehr so zeitreich wie in Peking bin, ist es jetzt eh schwierig, aufs tägliche Pensum zukommen, da hätte ich diese Zusatzmotivation gut brauchen können. Naja, vielleicht ergibt sich ja doch noch ein Treffen, ansonsten halte ich mich an das eine oder andere Online-Event.