Vom Radfahren bei Glatteis wird abgeraten

Hatte ich eventuell möglicherweise vielleicht schon mal erwähnt, wie sehr ich Winter und insbesondere den November verabscheue? Nun ist noch ein Grund dazugekommen.

Ich habe mich in den letzten Monaten zu einer begeisterten Radlerin entwickelt. Okay, e-Bike, aber auch das tut es auch nicht ohne Strampeln und ist definitiv besser als nix an Bewegung. Mir macht das Radfahren inzwischen richtig Spaß. Ich hab kein Elend mit Parkplatzsuche, flitze am Stau vorbei (wobei in Deutschland ja drei wartende PKWs an roter Ampel schon als Stau gelten… #rolleyes), stehe mir nicht beim Warten auf die Straßenbahn die Beine in den Bauch, sondern bin unabhängig und vergleichsweise schnell und das auch noch umweltfreundlich unterwegs. Auch die Magdeburger Rumpel“radwege“ samt matschig-rutschiger Laubhaufen haben mir zwar Respekt eingeflößt, aber ich konnte sie immer gut umschiffen. Regen? Ganzkörperkondomcape (taugt nur bedingt, bessere Lösung wird noch gesucht), Regen hält mich nur ab, wenn es wirklich aus allen Richtungen gleichzeitig schüttet.

Über Nacht ist es glatt geworden

Am vorletzten Novemberabend hatte ich abends noch einen Termin, da bin ich ohne Weiteres mit dem Rad hin- und zurückgekommen, obwohl es geschneit hatte, doch die Straßen waren geräumt, das ging wirklich gut. Donnerstagmorgen also nicht groß nachgedacht, aufs Rad gestiegen, losgefahren und sofort gemerkt: ganz dumme Idee. Es war unglaublich glatt. Nix geräumt oder gestreut. Direkt Abspringen wollte ich mit Rücksicht auf meinen nach Reitunfall vermurksten Knöchel nicht. (So bin ich einmal wegen einer Rotlichtsünderin, die mir vor den Scooter gelatscht ist, in Peking abgestiegen und hatte wochenlang „Spaß“.) Also ausrollen lassen auf eine sichtbar trockene Stelle, wo nachts ein Auto geparkt hatte – hätte klappen können. Hat es aber nicht. Das Rad ist weggerutscht und plopp lag ich wie ne Flunder auf der Straße und hab auch noch mit dem Gesicht gebremst. Kann sein, dass ich kurz weggetreten war, jedenfalls war ich erstmal total geschockt und hab Angst gehabt mich zu bewegen.

Nur eine Beule?

Ein Hausmeister hat das Elend gesehen und mir hochgeholfen und mich die paar Schritte nach Haus gebracht, ich bin wie ne 120jährige die Treppen in die Bude hoch, hab mir das Blut abgewaschen und erst noch gedacht, nicht so wild, nichts was genäht werden müsste. Viel Blut, aber nur leichte Abschürfungen. Aber dann wurden die Knie weich, mir wurde übel und ich hab angefangen zu zittern und gemerkt, dass ich nicht wirklich okay bin, also dem Chef ne Nachricht geschrieben und mit ’nem Taxi zum Doc gefahren. Da bin ich dann zusammengeklappt und wurde in die Uniklinik verfrachtet, immerhin durfte ich mir aussuchen, ob Krankenwagen oder Taxi. Taxi, ist doch nur ne Beule…

Unterm Strich: Schwein gehabt

In der Notaufnahme war die Hölle los, aber 5 Stunden später war klar: Schwein gehabt, CT ist okay, nur Prellungen, Schürfwunden und Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades (= Gehirnerschütterung). Weil ich versichert hab, dass K5 zuhause ist (inzwischen war es nachmittags und Freitag war schulfrei, dann Wochenende), durfte ich nach Hause, da wird häufiger nach mir geguckt als im Krankenhaus.

Erst ging es wie erwartet bergauf, die Schrammen und Macken im Gesicht und an den Händen sind superschnell verheilt, nur mein Bein ist immer noch grün und blau. Kopfschmerz und Übelkeit waren dank Tabletten auszuhalten, nach ein paar Tagen hab ich schon frohlockt: wieder okay, aber das war leider nicht so. Mir war so schwindelig, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte. Also ging es wieder zurück in die Horizontale. Seit Freitag mache ich weisungsgemäß kurze Spaziergänge, und nun ist es endlich überstanden.

Mütze und Kapuze ersetzen jedenfalls keinen Helm, und ohne Helm steig ich nie wieder aufs Rad. Nicht nur bei Glatteis, sondern immer. So ein Schädel, der nicht funktioniert, wie er soll – das war so gruselig, brauch ich nie wieder. Aber aufs Rad steig ich wieder. 🙂

Zickezacke Zügekacke

Am Wochenende war ich mal wieder in Hamburg, mit der Bahn natürlich. Hingefahren bin ich mit der Bimmelbahn: Magdeburg-Uelzen, Uelzen-Hamburg. Unterscheidet sich – wenn alles planmäßig läuft – nur um wenige Minuten von der ICE/IC-Verbindung über Hannover. Und mit meinem Deutschlandticket theoretisch die schlauste Lösung.

Theoretisch.

Der Zug war immerhin mit nur wenigen Minuten Verspätung in Uelzen, ohne Trödelei ist die Bimmelbahn nach Hamburg zu schaffen. Aber wenn das Hunderte Leute gleichzeitig wollen und der Bahnsteig eigentlich auch schon übervoll ist, die engen Treppen mit Rädern, Monsterkoffern und Kinderwagen ausgebremst werden, dann wird’s knapp. Davon, dass Uelzen der Hundertwasserbahnhof ist, war nicht viel zu sehen: zu viele Menschen. So übel wie diesmal war es noch nie. Naja, selbst schuld: Freitagnachmittag, und dann noch kurz nach dem Streik.

Nichts für Agoraphobiker:innen

Ich hasse es nicht nur, im Gedränge festzustecken, ich hab richtig Schiss, und wenn so eine Situation zu lange dauert, dann dreht sich meine Hauptsicherung raus. Muss ich nie wieder haben, also vermeide ich solche Situationen. Habe ich in China auch, in Peking habe ich ja eh fast alle Wege mit dem Scooter zurückgelegt, und wenn ich mit der Metro gefahren bin, habe ich den Berufsverkehr und bestimmte Stationen wie (Jintai Xizhao) vermieden.

Hauptsicherung blieb in Uelzen zum Glück drinnen, und irgendwie habe ich mich zum richtigen Bahnsteig schieben können. Ohne dass ich oder andere gestolpert wären, was bei dem huckeligen Hundertwasserboden leider ziemlich oft passieren kann, man sieht ja nichts vor lauter Leuten. Ich hab sogar so unverschämtes Glück gehabt, mich unmittelbar vor einer Tür des einfahrenden Zuges wiederzufinden, so dass ich einen Sitzplatz ergattern konnte. Bis auf eine scharfe Bremsung und anschließendem minutenlangen Stillstand keine weiteren Vorkommnisse und mit nur wenigen Minuten Verspätung in Hamburg eingetrudelt.

Ohne Menschen ist der Hundertwasserbahnhof Uelzen wirklich hübsch. Aber als Bahnhof nur noch bedingt geeignet und gefühlt nicht richtig sicher, wenn viele Leute unterwegs sind. Also fast jedes Wochenende.

Hamburg war schön. Gute Gespräche und K4 geknuddelt, wunderbar.

Hurra, ich hab jetzt eine Bahncard

Auf dem Rückweg wollte ich mir das Bimmelbahngedrängel nicht noch mal antun, mal abgesehen davon, dass auf einer Teilstrecke gebaut wurde und der Weg von Hamburg nach Magdeburg über Berlin oder Schwerin gehen sollte – nein, Danke. Das hätte ich vorher wissen können, aber ich hab dusseligerweise nicht geguckt, ich kenn doch die Verbindung…

Also habe ich in eine Bahncard und ICE- und IC-Ticket investiert. Die Bahncard wird sich lohnen, ich tuckere oft genug kreuz und quer durch die Republik. Aber an diesem Tag hat sie sich nicht gelohnt, in Hamburg ging es erst von Gleis 14 zum Gleis 11 und wieder zurück zum Gleis 13. Ich reise mit kleinem Gepäck, aber mit Kind und Kegel hätte das an den Nerven gezerrt. Dann kam die Durchsage: „Wer nach Köln möchte, sitzt im falschen Zug und hat jetzt noch mal ein paar Minuten die Chance auszusteigen.“

Dann war auch noch eine Tür kaputt, und die zwanzig Minuten Verspätung wurde auf der „Hochgeschwindigkeitsstrecke“ (lol, 138 km/h?) nicht wieder eingeholt, der Anschluss-IC in Hangover war weg. Knapp, so dass ich gut 50 Minuten warten durfte. Möglicherweise wäre die Bimmelbahn-Bus-Verbindung da doch noch schneller (und günstiger) gewesen.

Hochgeschwindigkeitszüge und Vergleiche

Bahnhof Shanghai-Hongqiao. Warm, trocken und keiner steht, der nicht stehen will, außer vielleicht in der Golden Week, wobei das Bild unmittelbar vor der Golden Week entstanden ist.

Tja, Hochgeschwindigkeitszüge. Es ist schwer in den Kopf zu kriegen, dass man mit dem Zug schneller von Peking in Shanghai ist als von Hamburg in Magdeburg. Mal abgesehen von Komfort und Pünktlichkeit. Als ich das irgendwo gepostet habe, kam das übliche „ja aber China“. Sorry, mit Erfahrungen aus Japan, Korea, Finnland oder Norwegen kann ich (noch?) nicht dienen. Dass es sich eh nicht so gut vergleichen lässt, das ist klar: Deutschland, Hamburg, Magdeburg sind soviel kleiner als China, Peking, Shanghai und es wohnen so viel weniger Menschen hier.

Aber ich hab halt gesehen: wenn man will, dann ist gute Bahninfrastruktur möglich. Aber in Deutschland wollte man halt viele Jahre lang nicht wirklich, und selbst jetzt habe ich da so meine Zweifel, dass es vorangeht. Nein, keine Zweifel, der Wille fehlt weiterhin. Not in my backyard hat ja gerade erst wieder zugeschlagen (Neubau zwischen Hamburg und Hangover. Kein Neubau.).

Übrigens: ich fahre gerne Bahn, trotz allem. Stresst mich viel weniger als Autofahren, und ich kann die Reisezeit (Sitzplatz vorausgesetzt) sinnvoll nutzen. Mal abgesehen davon, dass es auch besser für die Umwelt ist.

Novembergrau

Novembergrau

Der November ist nur mein zwölftliebster Monat. Der kann eigentlich weg. Die bunten Herbstfarben werden durch Grau abgelöst, Blätter hängen nicht mehr schön und bunt an den Bäumen, sondern landen als Unfallgefahr auf dem Boden (mir ist schon zweimal das Rad weggerutscht). Dazu unfreundliches Wetter, es wird kalt und feucht. Okay, immerhin kein Heizungsäquator in Deutschland, kein Warten bis zum 15. November, bis die Heizung angeht. Mir geht’s an sonnigen (und erst Recht an sonnig-warmen) Tagen viel besser, der November macht alles anstrengender. Für mich ist November trist und düster, der Monat von Verfall und Trauer.

Ein schwarz-weiß Foto, dass eine weitgehend leere Straße im Dunst zeigt, eine Straßenkehrerin fegt Laub zusammen, ein Baoan (Wächter) sieht ihr zu.

November im Pekinger Art District 798

Seit Jahren habe ich gute Strategien, um mich vom November nicht zu sehr runterziehen zu lassen. Gegen das Wetter bin ich machtlos, aber gegen das Grau im Kopf kann ich was tun. Unter anderem gehört dazu, dass ich mich gerade nicht zuhause einigele, sondern aktiv und viel unterwegs bin. Nassregnen lassen mag ich mich nicht, aber wenn’s trocken ist, wenigstens mal eine Stunde rausgehen – das hat zwar nicht den gleichen Effekt wie warme Sonne auf der Haut, aber besser als nichts ist manchmal auch schon genug.

Und jeder November geht vorüber. Dezember ist zwar auch noch kalt und dunkel, aber ich mag die Weihnachtszeit, Januar steht für Neuanfang, Februar ist doof, aber immerhin kurz und ab März geht’s dann wirklich aufwärts.

NaNoWriMo

Und dann ist der November ja auch noch der National Novel Writing Month (NaNoWriMo): Im November im Schnitt jeden Tag 1667 Wörter schreiben, so hat man Ende November einen Romanentwurf mit 50.000 Wörtern fertig. Ich sage bewusst „Entwurf“, dann nicht alles, was ich im November schreibe, landet dann auch wirklich im Buch. Aber durch den „Druck“ (nicht im negativen Sinn), das Tagespensum zu schaffen (oder aufzuholen), ist keine Zeit für Zweifel: „Bin ich gut genug? Wer will das überhaupt lesen? Langweilig! …). Ebenso fehlt die Zeit für Umformulierungen, das Feilen an den Sätzen – das kommt erst nach dem November. Im November musst du direkt eintauchen und drauflos schreiben.

Mit Plot oder ohne?

Ob man vorher einen ausgefeilten Plot hat oder nur eine vage Idee – das ist Geschmacks- und Typsache. Ich habe beides probiert, mit dem ausgefeilten Plot vorher ist das Pensum für mich tatsächlich gut zu schaffen – aber mehr Spaß macht mir das Drauflosschreiben (um dann später mit dem Material weiterzuarbeiten). Wie gesagt, nicht alles davon ist direkt brauchbar, aber gleichzeitig entstehen ohne die Schere im Kopf oft besonderes kreative, intensive Passagen.

In Peking habe ich 2017 das erste Mal am „NaNo“ teilgenommen. Das 50.000 Ziel habe ich zwar nur zweimal erreicht, aber dennoch jedes Jahr wieder viel Spaß und Freude daran und ausbaufähige Entwürfe gehabt. Freude macht mir der NaNoWriMo nicht zuletzt auch, weil es in Peking eine aktive, internationale NaNo-Gruppe (und weitere Schreibtreffs/Initiativen) gibt. Ich fand es schön und inspirierend, nicht allein am Schreibtisch zu hocken, sondern zusammen mit anderen im Café zu sitzen und zu schreiben. Ob mit „Wordsprint“ oder ohne, mit gegenseitigem Vorlesen und Feedback, Gespräche über Gott und die Welt, um dann wieder eine Weile konzentriert schreiben – wunderbar.

Kein Write-in?

In Magdeburg gibt es derzeit kein solches Treffen, vielleicht kommt eines in Halle zustanden, mal sehen. Aber jedes Novemberwochenende im Jiggly Wiggly, im Zarah (oder im Bookworm, den es ja nun leider schon ein paar Jahre nicht mehr gibt) gemeinsam mit anderen zu schreiben, das war schön und motivierend, hat beim Dranbleiben geholfen. Und insgesamt ging der olle November dadurch viel schneller rum.

Da ich nun nicht mehr so zeitreich wie in Peking bin, ist es jetzt eh schwierig, aufs tägliche Pensum zukommen, da hätte ich diese Zusatzmotivation gut brauchen können. Naja, vielleicht ergibt sich ja doch noch ein Treffen, ansonsten halte ich mich an das eine oder andere Online-Event.

Wiedersehensfreude, Bayern, Bücher

Ich habe einen gewissen Nachholbedarf, was das Treffen von Freundinnen und Familie angeht, also ging es wieder einmal mit der Bimmelbahn nach Bayern. Zwischen Leipzig und Hof hat dieselbe soviel Verspätung eingesammelt, dass wir den Zug nach Landshut nicht mehr bekommen haben. Am Ende waren wir aber nur eine Stunde später am Ziel. Trotz Wochenende und Herbstferien war die Bimmelbahnreise davon abgesehen okay, die Züge waren zwar gut voll, aber nicht überfüllt. Ich mag Zugfahren, dabei lesen, immer wieder aus dem Fenster gucken – und auf der Strecke gibt es wirklich viel zu sehen.

Ich bin also in der vergangenen Woche ein bisschen durch Altötting spaziert.

Kapellplatz in Altötting

Leider war der blaue Himmel die Ausnahme.

Und vom Regen hatte ich schon in der Woche zuvor zu viel abbekommen, da habe ich  mich lieber von meiner Mutter betüddeln lassen als nach Salzburg und Burghausen zu tuckern wie lose geplant.

Noch mehr Wiedersehensfreude

Aber einen Ausflug habe ich dann doch gemacht: Kurz nach dem Wiedersehen mit meiner finnischen Peking-Freundin habe ich meine andere Peking-Freundin aus den ersten Jahren in Peking wieder getroffen. (Jetzt müssen wir nur noch mal ein Treffen zu Dritt hinbekommen, wir haben Peking oft zu dritt unsicher gemacht.) Und wieder war es, als wäre kaum Zeit vergangen. Es ist ja schon schön, dass uns beim Texten keine Zeitverschiebung mehr trennt, aber uns jetzt ohne übermäßigen Aufwand wieder häufiger sehen zu können, das ist toll. Sie lebt zwar am anderen Ende der Republik, aber nur eine gute Stunde von meiner Mutter entfernt – passt doch, vor allem, da Landshut mir selbst bei dem Brackwetter echt gut gefallen hat.

Altstadt, Landshut

Die Woche in Bayern ging echt schnell rum, heute haben wir also wieder den halben Tag in diversen Zügen gesessen, finde ich aber nicht schlimm, solange der Lesestoff reicht.

Lesestoff

Hinfahrt: Kalt und Still von Viveca Sten. Der erste Band der Hanna Ahlander-Reihe, von denen bisher zwei auf Deutsch erschienen sind. Ein Neuanfang, nachdem das bisherige Leben in Trümmern liegt, ein Mordfall, der unter die Haut geht, gewohnt gut geschrieben. Obendrein spielt der Krimi in Åre, was ich ganz gut kenne – sowas mag ich. Ich freu mich auf den nächsten Teil.

Rückfahrt: Die Suche von Jane Harper. Die ersten beiden Aaron-Falk-Krimis von Jane Harper habe ich in Australien gelesen, aber da nicht absehbar ist, wann das nächste Mal Australien auf meinem Programm steht, habe ich den nun in Bayern, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt verschlungen. 😉 Den zweiten Band fand ich anders als den ersten nur okay, schon spannend und gut zu lesen, aber für mich dann doch nur ein Krimi von vielen. Der dritte Teil hat nun nicht enttäuscht, der war wieder mindestens so gut wie der erste Teil. Nur zu sehen, was man sehen will, den Rest auszublenden, das ist nur der eine Teil. Der andere ist, das Gute zu sehen: Freundschaft und Liebe, wobei das schon hart an der Grenze zum Kitsch war. Aber die Mischung stimmt.

Sightseeing mit finnischem Besuch

Eigentlich wollte ich ja schon länger wieder regelmäßig bloggen, uneigentlich fehlten Ruhe und Gelassenheit, und es stürmt so viel Neues und Anderes auf mich ein, dass es zu kurz gekommen ist. Aber so langsam rüttelt sich mein anderer, neuer Alltag zurecht und ich habe den Kopf wieder frei.

Wiedersehensfreude

Vergangenes Wochenende kam Besuch aus Finnland: meine Freundin N. und zwei ihrer Kinder, ehemalige Nachbarin in meinem ersten Pekinger Compound. Die beiden Siebzehnjährigen haben damals als Neunjährige eine eigene Sprache (angelehnt an Rabbids Invasion) erfunden, weil der eine kein Deutsch, der andere kein Finnisch und beide noch nicht ausreichend Englisch oder Chinesisch konnten. Die finnische Familie ist schon ein paar Jahre zurück in Europa, hat mich aber in Peking besucht, aber das letzte Mal vor Corona ist halt doch schon lange her.

Wir haben so viel in Peking unternommen, sind zusammen durch China gereist und ich bin so froh, dass diese Freundschaft die gemeinsame Pekingzeit überdauert. Das ist nicht selbstverständlich, viele verliert man doch früher oder später aus den Augen.

Und doppelt schön: auch bei den Jungs war es nach drei Minuten des Beschnupperns so, als hätten sie sich gestern (und nicht vor fünf! Jahren) zuletzt gesehen.

Einhorn, Dom, Lumagica

Am Sonntag haben wir dem Einhorn „Guten Tag“ gesagt und einen Blick in den Dom geworfen, danach hatten die Jungs keine Lust mehr zum Sightseeing. So mussten wir beiden Frauen leider ganz alleine zum Elbauenpark zur „Lumagica“.

Auf einem Rundweg durch den Park wird mit verschiedenen Lichtinstallationen, unzähligen Lämpchen und Lichterketten die Sage vom roten Horn, Elbnixe Elwine und Ritter Willfried erzählt.

Blöderweise habe ich da erst gemerkt, dass eine meiner Handylinsen beschädigt ist, damit ließ sich dann nicht wirklich gut fotografieren. Also Notiz an mich: die Kamera muss doch wieder immer dabei sein.

Unweigerlich musste ich an das Festival of Lights in Peking denken – mehr Lichter auf weniger Raum, keine „Rahmenhandlung“, kein wirklich dunkler Himmel und viel mehr Menschen. Peking halt. Nicht besser oder schlechter, einfach ganz anders. Und ich mag/mochte beides.

Ich freu mich jedenfalls auf die Magdeburger Lichterwelt, die schon bald aufgebaut wird – und keinen Eintritt kostet.

Nun ist der Besuch weitergereist. Aber diesmal dauert es bis zum nächsten Treffen nicht so lang!

Twitter am Ende?

Möglicherweise bin ich ein Nachrichtenjunkie. Ich bin ohne BLÖD großgeworden (Danke dafür!), bei uns gab es das Hamburger Abendblatt, das landete – soweit ich mich erinnere – immer am späten Mittag in unserem Briefkasten und wurde nach der Schule von mir verschlungen. Andere Zeitungen und Magazine wurden am Kiosk gekauft. Jedenfalls gab es immer ausreichend Nachrichten zu lesen, um 19 Uhr wurde heute angeschaltet, wenn’s in den Tagesablauf gepasst hat, um 20 Uhr gab es immer die tagesschau. Und schon früh lernte ich den Spruch kennen:

Nichts ist älter als die Zeitung von gestern.

Und heute ist es zwar so, dass ich morgens zwar die tagesthemen vom Vortag ansehen könnte – aber eigentlich sind die dann auch schon alt.

News, News, News

Heute passiert an einem Tag gefühlt so viel wie früher in einer Woche. Das ist natürlich Quatsch, nur es gibt nun viel mehr Möglichkeiten, News zu konsumieren, nicht nur, dass es viel mehr Zeitungen und Magazine gibt (gab!), nicht nur, dass es viel mehr TV-Sender gibt – es gibt vor allem das Internet. Da kann man Push-Nachrichten bekommen und auf SpiegelZeitTazFAZ-Online schauen – oder bei X-Twitter. Wenn irgendwo auf der Welt etwas passiert, liest (las) man als erstes auf Twitter davon. Sicher, man muss immer genau hinsehen, wie authentisch Berichte, Bilder, Videos sind und sich auch die Quellen anschauen, aber unterm Strich bleibt, dass keine Nachrichtenagentur so fix, und in kurzer Zeit so intensiv und so vielfältig berichten kann, wie man Tweets auf Twitter finden kann – oder konnte. Auch, wenn man sich für eher abseitige Themen oder exotische Länder 😉 interessiert: auf Twitter kann man das lesen, was es anderswo nicht gibt.

Ich habe vor einiger Zeit ja schon erzählt, wie wichtig Twitter als News-Aggregator für mich war – und deswegen auch noch ist, es gibt noch keine Alternative dazu. Mastodon als soziales Netzwerk ist nett (=guter Umgangston, viele interessante Nischen), aber es ist noch zu klein und zu wenig verbreitet, um auch nur annähernd so viele Eindrücke zu vermitteln, wie wir das von Twitter gewohnt sind.

Auch kein Fun mehr

Aber Twitter zu nutzen ist immer unangenehmer, gefühlt sehe ich nur noch Werbung und statt News und netter Ex-und-Hopp-Unterhaltung von Schmunzel- und Paulanergartentwitter nur noch Strunzdumm- und Blaubrauntwitter: Danke, ich verzichte, meine Twitternnutzung hat sich drastisch reduziert. Und dann kam auch noch der Supergau: die Musk-Version von Beitragsbemessungsgrenze. 600 Beiträge? Da bin ich in kurzer Zeit dran vorbeigescrollt. Elon Geld zu geben, damit ich ein bisschen mehr Mist wegblocken muss? Kommt überhaupt nicht in Frage.

Wann ist der Zeitpunkt, an dem man gehen muss?

Und Polittwitter? Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich anständige Menschen und demokratische Parteien von X-Twitter verabschieden sollten? Soll man sich womöglich in ein Abo drängen lassen, um Ex-Twitter noch richtig nutzen zu können – und damit Musk nicht nur ideell, sondern auch noch finanziell zu unterstützen? Rechtfertigt vermeintliche (!) Reichweite das? X-Twitter ist ein Unternehmen, das Journalisten-Anfragen mit einem Kackhaufen-Emoji beantwortet (angeblich seit gestern nicht mehr, wesentlich besser sollen die automatischen Antworten aber auch nicht sein), dessen Eigentümer den ganz rechten Rand befeuert und unterstützt und absehbar auch einen unguten Einfluss auf Kandidatenaufstellung und Wahl in den USA haben wird. Eigentlich müsste man dort doch sofort weg – nur wohin? Aber kann man bleiben, weil es (noch?) keine gute Alternative gibt?

Mit der Umbenennung zu X ist Twitter nun am Ende. Zumindest vom Namen her.

X als westliches WeChat?

In China ging für mich nichts ohne WeChat (wobei erstaunlicherweise nach dem kompletten Wegfall der Pandemie-Maßnahmen ein Tempel tatsächlich nicht mehr mit WeChat, sondern nur noch Cash oder Alipay akzeptiert hat). Chatten, News, Gruppen, Bilder teilen, Shoppen, Essen und Lebensmittel bestellen, Tickets kaufen, unzählige Mini-Apps, von der blöden Corona-Health App mal lieber nicht reden… Klar, alles aus einer Hand, aus einem Guss, das ist einfach und praktisch. Aber dann liegen halt auch alle – auch die ganz sensiblen Daten – in einer Hand, und das kann nicht gut sein.

X-Man will nun aus Twitter ein westliches WeChat basteln. Man muss über keine besonderen prophetischen Gaben verfügen, um zu behaupten, dass er das nicht hinbekommen wird. Erstrebenswert ist das eh nicht. Faulheit und Bequemlichkeit sind ja ganz schön, aber Freiheit und Sicherheit sind dann wohl doch wichtiger.

Kurzer Ausflug zu Threads

Als Threads an den Start ging, habe ich mir die APK heruntergeladen und konnte es ein paar Tage ausprobieren. Klar, es hat gute Gründe, dass die App noch nicht offiziell in Deutschland erhältlich ist, aber meine Neugier war groß und die Start-und Aufbruch-Stimmung dort war schon gut. Der Spaß war aber schnell wieder vorbei, weil Threads in Europa nun nicht mehr funktioniert. Es wird wohl auch noch eine ganze Weile dauern, bis es soweit ist.

Alternativen? Fehlanzeige.

Ich habe aber auch gewisse Zweifel, dass Threads das wird, was Twitter mal war, Politik ist laut Entwicklern dort nicht unbedingt erwünscht. Dazu kommt, dass Meta bei Instagram und Facebook immer wieder Accounts willkürlich sperrt und es keine Möglichkeit gibt, dagegen vorzugehen. Ich geh davon aus, dass das auch bei Threads so kommen wird. Und da haben wir das Problem. Ist die Idee eines öffentlich-rechtlichen Kurznachrichtendienstes womöglich doch gar nicht so schräg?

Podcast-Empfehlungen

Gavin Karlmeier und Dennis Horn beleuchten in ihrem Podcast Haken dran – das Twitter-Update seit November jeden Werktag das Geschehen rund um Twitter und mögliche Alternativen. Das ist nicht nur äußerst informativ, sondern auch sympathisch und unterhaltsam.

Ein guter Rückblick, wenn man sich bisher nicht mit dem Thema befasst hat: Wondery: Den Vogel abgeschossen – Elon Musk vs. Twitter. In sechs halbstündigen Episoden wird die Übernahme von Twitter und die Person Elon Musk beleuchtet.

Mein vorläufiges Fazit

Ich habe meinen Twitter-, Verzeihung, X-Account immer noch, und ich nutze ihn auch wieder etwas mehr. Aber das schlechte Gewissen meldet sich immer wieder mal. Mangels Alternative rede ich mich damit raus, dass große, wichtige Organisationen, Parteien und Medien auch noch dort vertreten sind, dann kann ich kleines Licht ja auch bleiben. Noch.

Roller fahren

Ich habe noch keinen eigenen fahrbaren Untersatz. Mein Scooter (e-Motorroller) steht in Peking, und ich vermisse ihn sehr. Also gehe ich ziemlich viel zu Fuß (ist auch gut, wenn man eine Stadt neu entdeckt), fahre viel Straßenbahn und ein bisschen Bus.

Pünktlichkeit!

Diese Woche hatte ich vormittags einen wichtigen Termin und bin mit eigentlich großzügigem Zeit-Polster losgegangen. Im Treppenhaus habe ich allerdings eine Nachbarin getroffen, und wenn man die Neue ist, hetzt man da nicht einfach dran vorbei. Am Ende war es dann aber doch eine Minute zu viel Smalltalk, denn der Straßenbahn, mit der ich pünktlich angekommen wäre, konnte ich nur noch hinterherwinken. Mit der nächsten Bahn hätte ich 5 Minuten Verspätung gehabt, aber ich wollte einen guten Eindruck machen – also was tun? (Ja, das hab ich in Peking gelernt, dass ich mit meinem Pünktlichkeitssinn sehr, sehr deutsch bin.)

Leihscooter als letzte Rettung

Taxi? Wir sind in Deutschland, viel zu teuer, und überhaupt, keine Didi-App, wahrscheinlich eh viel zu lange Wartezeit, also keine Alternative. Dann sah ich einen Leih-Scooter, also einen e-Tretroller. Zum Glück hatte ich mir ein paar Tage zuvor die App schon installiert, weil ich wissen wollte, wie das hier funktioniert (im Grunde ähnlich wie die Leihfahrräder in Peking, nur dass man davon immer eines in der Nähe findet, wenn man eins braucht – die Tretrollerdichte ist nicht so hoch). Jedenfalls: das war die Gelegenheit, das mal auszuprobieren.

Leihräder in Peking werden an der U-Bahnstation Lamatempel abgeladen

Massenhaft Leihräder werden an der Metrostation Lamatempel abgeladen und bereitgestellt.

Buckelpisten

App gestartet, Guthaben per Paypal geladen, QR-Code gescannt – und los. Auf dem Radweg wurde ich ganz schön durchgeschüttelt, Huckel durch Wurzeln sind wirklich böse Fallen. Nach zwei Minuten fiel mir auf, dass man schon sehr ortskundig sein muss, um in Magdeburg Radwege als solche zu erkennen. Große Erleichterung, als der Radweg endete und ich auf der Straße weiterfahren durfte – wesentlich komfortabler. Es folgte wieder ein Abschnitt mit Radweg, erst gepflastert (modern, relativ flach/eben, ruckelt ein bisschen), dann asphaltiert (gut). Auf den asphaltierten Strecken macht das Rollerfahren tatsächlich richtig Spaß. Ich erreichte mein Ziel, stellte den Scooter ab. Um die Fahrt abzuschließen, musste ich noch ein Foto machen, auf der die Parkposition erkennbar ist, fertig. Mitten auf den Gehweg schmeißen ist da jedenfalls nicht möglich!

Jedenfalls bin ich so noch pünktlich zu meinem Termin gekommen. Und natürlich macht es mir Spaß, schneller als in meinem Fußgängerschneckentempo unterwegs zu sein.

Derzeit keine gute Alternative

Ich war angefixt, bin seit dem noch ein paar Mal in Magdeburg mit dem Leihscooter gefahren. Aber: wenn mein Guthaben aufgebraucht ist, werde ich das wirklich nur noch im Notfall tun.

Dekorativ gepflasterte Straße.

Hübsch, aber untauglich

Zum einen, weil das Scooterfahren hier auf dem Großteil meiner Wege an Körperverletzung grenzt: Kopfsteinpflaster und Zierpflaster. Sieht hübsch aus und ist besser als totale Versiegelung, aber eine Zumutung für alle, die auf (kleine) Räder angewiesen sind (Kinder/Eltern mit Buggy/Kinderwagen; Rollstuhlfahrende, …). Da wird man dermaßen durchgerüttelt, das Hirn wie im Mixer, fiese Kräfte auch auf die Handgelenke, da muss man schon sehr masochistische Züge haben, um sich das anzutun. Form follows function – das hätte man hier gerne berücksichtigen dürfen. Mobilität ist wichtiger als Optik (zumal es auch „glattere“ Pflastermöglichkeiten gäbe).

Zum anderen, weil die Gebühr echt Wucher ist (mag sein, dass ich von Pekinger Mobilitätspreisen verwöhnt bin, aber ich finde das unverschämt, wenn man mit dem Scooter übers Kopfsteinpflaster rüttelt und mehr zahlt als für die Straßenbahn).

Parkzonen für Scooter? Echt jetzt?

Am Sonnabend habe ich einen Workshop in Halle besucht. Ich hätte entweder eine Dreiviertelstunde zu früh ankommen können – oder ich fahre mit dem Zug eine Stunde später und leihe mir einen Scooter. So hab ich das dann gemacht – und wurde mit dem Unfug der Parkzonen konfrontiert. Dicke, fette Autos dürfen fast überall parken, parken auch dort, wo sie es nicht dürfen.

Am besten direkt mit dem Auto bis ins Wohnzimmer oder in die Bäckerei, aber wenn du einen kleinen eRoller fährst, gehst du bitte die letzten 10 Minuten zu Fuß.

Und das soll es nun demnächst auch in Magdeburg geben! Aktuell sind nur einige wenige Bereiche in der Stadt rot als „no parking“ in der App gezeichnet, und da wo ich das gesehen hab, auch zu recht (Spielplatz/Park). Das Parkzonen“konzept“ hingegen ist unglaublich realitätsfremd – und so wird das nie was mit der Verkehrswende. Damit wird das Konzept ad absurdum geführt, dass solche Leihmobile den Menschen, die nicht unmittelbar an der Straßenbahn-Zug-Bushaltestelle wohnen, lange Fußwege ersparen. Oft ist ja gar nicht der mehr oder weniger lange Spaziergang das Problem, sondern auch, dass man dabei mehr oder weniger schweres Gepäck/Einkäufe transportieren muss und wo man froh über jede gesparte Minute ist.

Menschen fahren mit dem Auto, weil es bequem und schnell ist. Wie wahrscheinlich ist es, dass man sie zu zeitaufwendigeren, unbequemen Möglichkeiten motiviert, die dann auch noch teuer sind?

Mobilität für alle

Mobilität ist wichtig für alle, nicht nur für Autobesitzer. Und: es gibt immer mehr Menschen, die auf einen Mobilitätsmix sitzen und je nach Situation und Ziel zwischen Zug und (Leih-)Auto, (Leih-)Scootern, -rädern usw. wechseln. Da muss echt noch viel passieren, aber die Zeiten, dass Verkehrspolitik nur „zu Fuß“ und „Auto“ kennt, sollten vorbei sein.

Ich selber werde mir wohl wieder einen Scooter (einen eMotorroller) zulegen und keinen eigenen eTretroller. Zum einen, weil es immer wieder auch längere Strecken zurückzulegen gilt, wo der ÖPNV nichts taugt. Zum andern, weil das angesichts der Straßenverhältnisse (nicht nur die kaputten Abschnitte, sondern erst recht das gruselige Kopfsteinpflaster) die größeren Räder und die Straßenbenutzungspflicht doch besser sind als bei einem kleineren Tretroller. Und natürlich auch, weil ich mich in Peking ans Scooterfahren gewöhnt habe. Eigentlich brauchen wir zu zweit mit Deutschlandticket echt kein Auto (und wenn doch mal, ist das Mieten immer noch günstiger als permanent eins erst zu finanzieren und dann unterhalten zu müssen).

Ich bin gespannt, wohin die Reise geht.

Sommertag in Magdeburg – alles Otto?!

Ein Sonnabend im Juni. Ich bin in der Altstadt verabredet und breche bei strahlendem Sonnenschein auf.

Es ist früher Nachmittag, Sonnenlicht, Schatten und Bäume rahmen eine eher unspektakuläre Straße so ein, dass es doch interessant aussieht.

Der Dom

Für richtiges Sightseeing hatte ich leider immer noch keine Zeit, dabei steht eine Stadtrundfahrt/-gang ganz oben auf meiner Wunschliste.

Wenn ich derzeit Termine hab, gehe ich extra immer etwas früher los, um mich auch umsehen und orientieren zu können. So auch gestern, ich wollte mir den Dom wenigstens von außen näher ansehen.

Ottostadt

Auf dem Rückweg komme ich wieder am Dom und dem Dommuseum Ottonianum vorbei. Otto-was? Nach acht Jahren Chinesisch nicht so leicht auszusprechen… Seit 2010 firmiert Magdeburg als Otto-Stadt, um bekannter zu werden. Otto von Guericke und Kaiser Otto der Große (912-973) sind die Namensgeber-Ottos für die Kampagne. Auf der Webseite der Stadt heißt es dazu:

„Die Ottostadt Kampagne greift diese gewachsene Tradition auf, geht aber noch einen Schritt weiter: Sie interpretiert «Otto» als Ausdruck einer geschichtsbewussten und zugleich zukunftsgewandten, kreativen Haltung. Mit diesem neuen Selbstverständnis wollen wir neugierig machen: auf die facettenreiche Stadtgeschichte, auf die heutige Lebensqualität, auf die Wirtschaftskraft und Wissenschaftslandschaft der Ottostadt Magdeburg.“

Und das klingt doch ziemlich sympathisch. Jedenfalls steht vor dem Ottonianum (Ottonanium? Ottonium? Ottonanium? Ich lerne es schon noch!) ein Kaiser Otto, der hier gerade sein Kostüm richtet.

 

Ein bisschen Regen

Ich treffe mich mit dem Junior, um noch einzukaufen. Die Einkaufslandschaft müssen wir noch besser erkunden, so richtig happy sind wir noch nicht. Wir kennen uns bisher nicht gut genug aus, aber das wird schon.

Wir haben den Supermarkt kaum verlassen, da fallen erste, dicke Tropfen, und es gießt direkt los. Wir sind sofort komplett durchnässt, unterstellen müssen wir uns dann auch nicht mehr. Also patschen wir durch den warmen Regen nach Hause – und kaum stehen wir vor unserer Haustür, ist es auch schon wieder trocken. Toll getimed, grins.

Auch wenn ich herrliches Sommersonnenwetter und hohe Temperaturen liebe – für die Natur, Wasserpegel und Landwirtschaft wäre ein bisschen mehr Regen nötig. Dafür hat der Guss nicht ausgereicht.

Ankommen

Ankommen ist etwas Gutes, oder? Ein Ziel zu erreichen, ob es sich nun um einen Ort oder ein Vorhaben handelt. Anzukommen, das ist definitiv besser als Abschied zu nehmen.

Aber Ankommen ist auch schwierig, kann die letzte Energie aussaugen. Besonders, wenn unerwartet Steine in den Weg gelegt werden.

Ankommen ist schwierig, wenn man an eine gute Willkommenskultur gewöhnt ist, weil man woher kommt, wo stetiges Kommen und Gehen Alltag ist und alle gerade eben noch Neuankömmlinge waren, sich gut daran erinnern und entsprechend zugewandt auf die noch Neueren zugehen.

Willkommenskultur?

Ich habe eine Veranstaltung besucht, in der auch von Willkommenskultur die Rede war. Zwar in einem anderen Zusammenhang, aber gleichzeitig wurde überdeutlich, dass es nach wie vor keine Willkommenskultur in der Organisation gibt, der ich schon seit Jahrzehnten angehöre. Sich um Gäste, Neue, Fremde zu kümmern – das war vor 30 Jahren unüblich und scheint es heute immer noch zu sein. Schade. Ich habe einen langen Atem, ich weiß, dass ich viel Energie und Geduld in mein Ankommen hier stecken muss. Aber andere kommen einmal, bleiben für sich, gehen und kommen nicht mehr wieder.

Zum Glück auch Schönes

Es gibt aber auch die guten Erlebnisse. Ein Paket, dass ich an der Packstation abhole, ist dreimal so groß wie erwartet, und ich muss ziemlich kämpfen, um es nach Hause zu schleppen. Als ich gerade wieder absetze, um eine kurze Pause zu machen, überquert eine Frau die Straße und sagt: „Ich helfe.“ Und dann hilft sie mir, mein übergroßes Paket nach Hause zu tragen, und ich muss beinah weinen, weil ich so dankbar für dieses Gesehen werden bin. Danke, liebe Unbekannte, das hat mir mir mehr als nur den Tag gerettet.

In der Nachbarschaft lebt eine ältere Dame, die sich bei der ersten Begegnung vor mir aufgebaut hat, mich von Kopf bis Fuß gemustert hat und dann lächelte: „Sie sind eine Nette, das sieht man. Schönen Tag noch.“ Und dann machte sie den Weg frei und ging weiter. Ich bin ihr inzwischen ein paar Mal begegnet, jedes Mal ein kurzer freundlicher Gruß. Das mag furchtbar banal sein, und doch bedeutet es mir hier, wo ich mir gerade erst ein soziales Umfeld aufbauen muss, wirklich viel.

Unfreiwillig komisch

Ankommen, neu zu sein, das heißt auch, offen zu sein, einen unverstellten Blick zu haben. Zum Beispiel bei der Zoo-Werbung oben im Beitragsbild: Prima, wir machen einen Familienausflug zum Friedhof? Kontext, liebe Werbebranche, Kontext! Zwei, drei Tage, nach dem ich das Bild bei mastodon gepostet hatte, wurde das Plakat ausgetauscht. Nun werden angehende Erzieher:innen gesucht. Am Friedhof. 😉

Aber auch, wenn es (noch?) anstrengend ist: Ankommen, das ist gar nicht so übel, auch wenn es manchmal nicht so einfach ist. Neues Kennenzulernen, neue Bekanntschaften zu machen, etwas zu entdecken – ich mag das.

 

Der Schwarm

Achtung – enthält Spoiler!

Der Schwarm von Frank Schätzing gehört zu meinen Lieblingsbüchern. Nicht weniger als der Untergang der Menschheit steht auf dem Spiel – genau mein Genre. Ich mag fiktive (!) Katastrophen, sei es als Buch oder als Film. Ich hab das Buch mehr als einmal gelesen und später auch immer wieder mal das Hörbuch gehört. Schon nach dem ersten Lesen habe ich mir eine Verfilmung gewünscht und beinah zwanzig Jahre darauf gewartet. Tsunamis durch einen Storegga-Effekt, Angriffe durch Wale, vergiftete Krustentiere mit tödlichen Keimen – die Bedrohung kommt aus dem Meer, Wasser wird zur Gefahr für den Menschen. Großartige Schauplätze, die ohne viel Zutun schon tolle Bilder liefern könnten – Trondheim, Vancouver Island… Damit verbunden die unterschiedlichen Handlungsstränge, die schließlich durch die Perspektive des Sigur Johanson miteinander in Verbindung gebracht werden: es handelt sich um einen koordinierten Angriff einer Schwarmintelligenz aus der Tiefsee, von Johanson Yrr genannt.

Vor ein paar Tagen ging nun endlich die ZDF-Miniserie (für schlappe 44 Millionen Euro produziert, die bisher teuerste deutsche TV-Produktion) an den Start. Beinahe alle Kritiken zeigen mit dem Daumen nach unten – ich war gespannt, ob das berechtigt war.

Kotzbrocken?

Sigur Johanson hatte in meiner Vorstellung äußerliche Ähnlichkeit mit Frank Schätzing: schon etwas älter, aber attraktiv, bewusst inszeniertes Äußeres. Ein Bonvivant, der mit seinen Beziehungsentscheidungen hadert, deswegen aber ganz sicher kein Kotzbrocken ist. Ebenso wenig wie Leon Anawak, der mit seiner Herkunft, Identität und Zugehörigkeit zu kämpfen hat – ein nach wie vor aktueller Konflikt, den in der globalisierten Welt unzählig viele Menschen mit sich herumtragen. Ich kann daher so gar nicht nachvollziehen, dass davon die Rede war, man habe die Serie nicht um zwei Kotzbrocken herum erzählen wollen.

Und Jack „Greywolf“ O’Bannon fehlt in den ersten drei Folgen beinah ganz. Nicht nur, dass er im Verlauf der Geschichte entscheidend Einfluss auf Handlung und Lösung einnimmt, sondern auch dass er das für die ganze Geschichte wichtige Thema von Identität und Zugehörigkeit aus einer anderen Perspektive als Leon verkörpert und immer wieder auch im Konflikt mit ihm beleuchtet. Was diese beiden Individuen beschäftigt ist doch nichts anderes als der Konflikt, der mit dem Auftreten der Yrr zum Konflikt der ganzen Menschheit und ihrer Identität wird: Wer bin ich und wo gehöre ich hin? Nichts ist mit „Krone der Schöpfung“ und einziger Intelligenz nicht nur auf dem Planeten, sondern womöglich auch im Universum.

Filmische Umsetzung

Natürlich kann eine Verfilmung ein Buch nicht Wort für Wort auf die Leinwand bringen, schon gar nicht bei über 1000 Seiten, selbst wenn man sich nicht auf Spielfilmlänge beschränkt, sondern eine Serie mit acht Teilen daraus macht. Für mich ist eine Verfilmung dann gut, wenn unterm Strich die gleiche Geschichte erzählt und der Geist der Vorlage transportiert wird. Das kann ich nach den ersten drei Folgen noch nicht abschließend beurteilen.

Aber was ich jetzt schon furchtbar finde: Szenen, die einem „Greenscreen“ um die Ohren hauen. Eine Schiffs-Szene sah so dermaßen nach Amateurvideo aus, dass es mich komplett rausgerissen hat. Sorry, aber das geht heute doch viel besser. Nun bin ich erst Recht auf die Umsetzung des Tsunamis gespannt, der vermutlich in einer der nächsten Folgen über Trondheim, Norwegen und die anderen Nordsee- und Nordmeer-Anrainer hereinbrechen wird. Und: Mal sehen, ob Greywolf der Tom Bombadil des Schwarms werden wird… 😉

Bisher bin ich jedenfalls nicht begeistert, aber auch nicht komplett enttäuscht.

Dieser Beitrag ist ursprünglich im Februar 2023 auf boeweronline.de erschienen, da ich meine Blogs gerade umstrukturiere, gibt es ihn nun hier zu lesen.